Sonntag, Februar 24, 2008

Das erste Wort!

Das bis vor kurzem noch so schweigsame Kleinkind erkennt immer mehr den Sinn des Sprechens. Und so können wir heute stolz Ellas erstes Wort nach "Mama", "Papa" und "Ella" präsentieren.

Vorher erhöhen wir die Spannung ins Unermessliche, indem wir die Spielregeln erläutern:
Wortfetzen zählen nämlich nicht. "Mi" ist kein Wort, auch wenn alle sofort bescheid wissen und zum Kühlschrank flitzen, wenn Ella "Mi" macht, denn wenn sie den Milch-Jieper hat, kann Ella schon mal unangenehm werden bei zeitlicher Verzögerung der Milch-Bereitstellung.
Auch "Mü" zählt nicht als Wort.

"Mü" sagte Ella vorgestern dreist, als sie ihre mit "Mi" und Cornflakes gefüllte Schüssel durchforstete (mit den Händen!). "Mü" bedeutet "Müll" und sollte dem Papa sagen, dass ab sofort alles, was Ella aus ihren Cornflakes heraus fischt, unverzüglich in den Müll zu werfen ist. Es handelte sich um die absoluten Spaßbremsen der Cornflakes-Packung: Die Trockenbananen und die Kokosraspeln. So sprach Ella recht häufig "Mü" und der in Pädagogik ausgebildete Vater rannte tatsächlich jedesmal mit dem von "Mi" tropfenden "Mü" zum Abfalleimer, während Ella sich dem Rest der Cornflakes (Flakes und Rosinen) genüsslich widmete.

Nein. Ellas erstes Wort lautet "Buch".
Jeder Buchstabe sitzt und ist laut und deutlich vernehmbar. Gestern ist es passiert: Der 23.Februar brachte Ellas erstes richtiges Wort. Buch.
Ein schönes Wort, wie wir finden. Verwunderlich ist es nicht. Verwunderlich wäre gewesen, wenn die Tochter einer Bibliothekarin und eines Deutschlehrers als erstes "Punkrock", "Rhododendron" oder "Wechselstrom" gesagt hätte.

Neben diesem Schritt in die Welt der nicht personalisierten Substantive erlebte Ella gestern noch etwas ganz und gar Außerordentliches:
Um 19.30 standen Ellas Eltern in Ausgehkleidung im Kinderzimmer und sagten: "Ella, wir gehen jetzt ins Theater. Hermann Hesse gucken."
Ella sah ihre Eltern zwei Sekunden an, winkte und freute sich, dass - der Zufall wollte es so - gerade Babysitter im Hause waren. Jan und Kitty übernahmen, Papa und Mama schlichen aus der Wohnung.

Zugetragen hat sich dann der Legende nach folgendes:
Ella spielte mit den Babysittern und vergaß dabei, müde zu werden. Der clevere Babysitter Jan griff in die Trickkiste, legte sich aufs Sofa und simulierte laut schnarchend einen tiefen Schlaf.
Ella, so die im Sessel sitzende Babysitterin Kitty, starrte den schnarchenden Jan 10 Sekunden lang an.
Eben noch hellwach, begann Ella zu schwanken und drohte im Stehen einzuschlafen. "Komm her!", riet Kitty.
Ellla torkelte Richtung Stimme aus dem Off, erreichte mit Müh und Not den Sessel und entschwand ins Reich der Träume. "Erstaunlich leicht manipulierbar dieses hier zu betreuende Kind", dachten die Babysitter irritiert und legten die Spielsachen weg. Die brauchten sie an diesem Abend nicht mehr. Ella lag bewusstlos auf der Babysitterin, die - kicher - irgendwann ganz schön doll pinkeln musste...



Sonntag, Februar 17, 2008

Wahlkampf - Deko (SPD)

Am vergangenen Dienstag war Ella zu allem Überfluss in einer ohnehin schon recht ereignisreichen Woche auch noch Wahlkampf-Deko: Der SPD-Spitzenkandidat Naumann, dessen Wahlkampagne bislang im Wesentlichen darin bestand, eine knallrote Tasse mit dem Hamburger Stadtwappen geschickt auf seinen Wahlplakaten zu positionieren, kam mit zwei Kamerateams in Ellas Kita vorbei - just als die Rasselbande gerade wirklich Wichtigeres, nämlich das Frühstück, vor sich hatte.

Auffallend pünktlich waren alle Klein- und Kleinstkinder versammelt, als der Staatsmann die soziale Einrichtung betrat und sich heuchlerisch zu den fressenden Kita-Bewohnern setzte.
Wie sie denn so heißen, wollte Herr Naumann, offenbar kinderlos, von den mampfenden und auch sonst eher weniger eloquenten Damen und Herren am Tisch wissen.

Niemand antwortete. Auch Ella nicht.
Politiker fragen, Kleinkinder schweigen.

Irgendwann hatte Bruno mit dem armen Sozialdemokraten Mitleid und antwortete mit Brot im Mund "Bruno".

"Ach, Anton heißt du", sprach Naumann seine rote Hamburg-Tasse schwingend in die Fotoapparate. Ella fand's voll peinlich und wer genau hinhörte, der konnte sie murmeln hören: "Ich finde es bedenklich, dass Politiker uns Kita-Kinder nicht anders behandeln als ordinäre Hamburg-Tassen."

Die anwesenden Erzieher jedenfalls wussten den Eltern zu berichten, dass der Politiker insgesamt recht unbeholfen auf die unbeeindruckte Kinderschar reagierte.

Neben der Tatsache, dass Ella als Symbol für staatliche Fürsorge und um das Wohl der Menschen besorgte Politiker herhalten musste, ereignete sich in der vergangen Woche außerordentlich viel:
Innert einer Woche betrat Ella nämlich Hamburger, Münsteraner, Dortmunder und Lübecker Boden. Dabei erlebte sie von genüsslichen Leberwurst-Sessions in Hamburg, über tollste Zoobesuche in Münster, Polizeieinsätze am Bahnhof in Dortmund bis hin zu Playstation zockenden Erwachsenen in Lübeck so ziemlich alles, was dieser Planet so bietet.

Dabei war zu beobachten, dass Ellas Verhältnis zu ihrem Vater von extremen Schwankungen betroffen ist.
Kurz gesagt: Ella findet ihren Papa manchmal grundlos scheiße.

Mit dieser Marotte ist sie scheinbar in guten Händen, denn der Kita-Elternabend brachte ans Licht, dass recht viele von Ellas Freunden derzeit Probleme mit ihren Papas haben.

So sieht sich Papa mitunter chancenlos um die Gunst seiner Tochter buhlen. Hampeleien und Streicheleinheiten enden manchmal unverhofft in Schreikrämpfen töchterlicherseits. Supermarktbesuche und Windelwechseleien, die Ella und Papa früher mit links meisterten, enden desaströs und tränenreich. Umstehende Passanten denken beim Anblick des überfordeten Mannes mit dem erbosten Töchterlein: "Welch räudiger Papa muss das sein. Man beachte nur sein schreiendes Kind".

Zum Abschluss dieses Blog-Eintrages folgt die obligatorische Gummistiefel-Anekdote: Ella kaufte sich tolle rote Gummistiefel, nicht ohne zuvor einige andere Stiefel aller möglicher Farben und Größen anzuprobieren.
Rot wurde schnell als die attraktivste aller Gummistiefelfarben erkannt und gekonntes Eindrücken der Stiefelspitze mit dem Finger brachte die Erkenntnis: Größe 21 muss es sein.
Im Kinderhirn wurde abgespeichert: "Wenn man Gummistiefel anzieht, muss man mit dem Daumen die Stiefelspitze drücken". Und so sieht man Ella des öfteren ihre Gummistiefel eindrücken. Ob die noch passen? Welch sorgfältig prüfendes Kind...

Freitag, Februar 08, 2008

Papa gnadenlos

Es war am letzten Sonntag, als in einer amerikanischen Bar in Bremen zwei Väter miteinander fachsimpelten. Einer davon war Ellas Vater.

Und während Ella ein Stückchen nordöstlich an nichts Böses dachte, sprach der andere Vater Worte aus, die für Ella durchaus eine entscheidende Veränderung bringen sollten.

"Also unsere Kinder schlafen super ein." - "Hmpf?", fragte Ellas Papa Burger-spuckend.
"Wir", sprach der Gegenüber lässig, "haben das mit der Jedes-Kind-kann- schlafen-lernen- Methode gemacht:

Kind ins Bett, Gute-Nacht-Geschichte, rausgehen, Kind schreien lassen, nach drei Minuten zurück, Kind beruhigen, dann fünf Minuten draußen bleiben und dann immer sieben."
"Interessant", sprach Ellas Papa, "aber eine Frage hätte ich noch: Mein Kind steht oder sitzt immer im Bett, nie liegt es." - "Aber es fällt irgendwann um" - ja, dieser Gesprächspartner war ein heißer Kandidat für den "Vater des Jahres" - Titel.

Am nächsten Tag kündigte Ellas Papa mit bebender Stimme an: "Ab heute bin ich Papa Gnadenlos", griff die verdutzte Ella und spulte das Programm ab. Ella wusste nicht, wie ihr geschieht, stand im Bett, tippte ständig auf Papas Brust und heulte wie ein Schlosshund.

"Die fällt irgendwann um", sagte der Konkurrenzpapa. Ella fiel dann etwa eine halbe Stunde später um. Schon am nächsten Tag jedoch ersparte sie sich dashalbstündige Schreien und am Gitter Rütteln und glitt schon nach 15 Minuten eigenständig ins Reich der Träume.
Seit gestern dauert es keine zwei Minuten mehr, bis Ella schläft. Das Programm heißt also tatsächlich "Jedes Kind kann schlafen lernen" - ganz ohne den von uns vermuteten Untertitel "außer Ella".

Unser Schlaf-Profi Ella hat im übrigen die Beziehung zum Toastbrot wieder aufgenommen. Klebrige Cornflakes in der Küche waren für jeden Wischdienst ein Graus - flockige Leberwurstbrote lassen sich viel toller wegmachen. Also bekam Ella wieder ihr Toastbrot und lässt sich die Leberwurst in einer Mächtigkeit draufschmieren, als hätte es das kurze Intermezzo mit den Flakes nie gegeben.

Samstag, Februar 02, 2008

Zweiwortsätze

Von Ellas Papa ist bekannt, dass seine Gesundheit immer dann aus dem Gleichgewicht gerät, wenn er zu lange ohne Zuckerwasser mit Orangengeschmack und Blubberbläschen auskommen muss.

Über den Vitamingehalt dieses Getränks mögen andere streiten. Fest steht, dass der 1,82m große Herr flach liegt, wenn ihm Limonade fehlt.

Auf Ella scheint sich diese ulkige Marotte übertragen zu haben. Hier jedoch ist der geheime Gesundheitsspender nicht die Limonade, sondern das Weißbrot.

Ausführlich berichteten wir vergangene Woche über den radikalen Einschnitt in Ellas Essverhalten. Das Weißbrot verschwand von heute auf morgen aus der Küche - Ellas Reaktion bestand in einer geballten Ladung Krankheit, Siechtum und Augenklebe.

Da Ellas Mama praktisch schon das gesamte Jahr über an einer mysteriösen Erkältung laboriert, die in den letzten Tagen zu ihrem absoluten Höhepunkt anschwoll, fanden sich die Damen des Hauses beide röchelnd und zu wenig Sinnvollem fähig auf den diversen Sofas und Betten der Wohnung wieder.
Sich mit der Situation wirklich ganz toll arangierend, wurden sie nicht mal vom Husten, Röcheln oder Schniefen des jeweils anderen wach.

"Vitalität als Strafe", dachte Papa, der mit dem kranken Haufen, den man sonst Familie nennt, wenig anfangen konnte. Außer Äpfel bringen, Badewasser einlassen, Husten anhören und "morgen ist's besser"-Lügen ging da nicht viel.

So musste man ein wenig Angst haben vor den Blog-Fotos in dieser Woche. Würden genug zusammen kommen? Schließlich will man das Kind in den Phasen schlimmsten Röchelns nicht der Weltöffentlichkeit präsentieren.
Doch siehe - Ella machte gute Miene zum bösen Spiel: Das Kind ist guckend (1), lächelnd (2), spielend (3), kichernd (4) und feiernd (5) abgebildet. Nur ein Bild (6) zeigt die gesamte Tragik... muss aber auch sein, sonst glaubt uns ja keiner...

Im Siechtum hatte die kleine Familie direkt mal wieder Zeit für einige Gedanken, die sonst im Alltagsgeschäft untergehen. So blätterte Mama in Ellas Unterlagen und stellte fest, dass bereits in fünf Monaten Ellas U7 ansteht.
"U7" steht hier ausnahmsweise mal nicht für die fieseste der Berliner Untergrundbahnen, sondern für Untersuchung. Ella wird also bald das siebte Mal durchgecheckt.

Die Anforderungen ärztlicherseits sind an unsere Möhre durchaus gestiegen. Finger fixieren oder auf dem Bauch liegen und strampeln reicht nicht mehr. Nein. Ella muss in fünf Monaten "Zweiwortsätze" formulieren.

"BITTE?", prustete Papa da den Frühstückskaffee hinaus. Zweiwortsätze oder Zweisilbenwörter?

Letzteres kriegt Ella bis Juli bestimmt richtig gut hin. "Papa" und "Mama" gehen gut. Der Rest beschränkt sich auf zwei Buchstaben: Mi = Milch, Ma = Nochmal, Li = Cousine Lina, O = Oma oder Nachbar Lorenz, Me = Mehr, Ba = Ball, Mo = Mond. Ach ja, und "Ella" heißt "Ayyya". Der Rest heißt "hömmm".

Aber Zweiwortsätze? Das heißt, Ella muss in fünf Monaten beispielsweise sagen können "Papa schnarcht" oder "Mama hustet" oder "Spülmaschine fertig"... Sonst rasselt Ella durch die U7.

Aber dann haben wir mal so ein bisschen genauer hingehört. Und plötzlich hat Ella tatsächlich schon mal ein paar Zweiwortsätze formuliert. Sie lauteten:

"Mama uaaaya."
"Ayyya pfffffff" und
"Papa chhhhhr"