Freitag, Mai 25, 2007

Königin der Nacht

Wir wollen uns heute schwerpunktmäßig mit Ellas dunkler Seite befassen:

Es gibt nämlich neben dem fröhlichen Säugling des Tages auch die hochgradig komplizierte und regelrecht unausstehliche Ella der Nacht.

Irgendwann so gegen 18.00 reibt sich die Möhre erstmals die Augen. Dies ist ein klares Zeichen: Hier wird langsam jemand müde. Meistens unterbricht der Hunger und das sich anschließende Brei-Festmahl die Müdigkeit, dann ist es auch schon 19.00 oder später. Ella wird auf den Wickeltisch gelegt und bekommt - hier wird Ella dann meistens schon etwas misstrauisch - ihren Schlafanzug angezogen.
Dann putzt sie sich noch ihre sechs Zähne (meistens beißt sie jedoch nur in die Zahnbürste, sodass ihr gesamter Kopf stur hin- und hergeschleudert wird, wenn Papa die kreisenden Zahnbürstenbewegungen vollzieht), danach winkt sie mit Papa in den Badezimmerspiegel hinein. Dort winkt jeden Abend ein äußerst skeptisches Baby zurück.

Nun wird die Katastrophe zur Gewissheit. Ella wird Mama vors Gesicht gehalten und diese spricht zwei Wörter, die Ella schon versteht, von denen Ella weiß, dass sie den Start in ein Martyrium bedeuten: "Gute Nacht!"
Nach diesen Worten schreit Ella. Jeden Tag.

Trotz allem wird sie nun ihr Bett gelegt. Papa liest ein Märchen vor. Beim zweiten Absatz muss Ella meistens kurz weinen. Ab dem dritten Absatz ist sie dann ruhig und lauscht Papas Worten aus 1001 Nacht.

Anschließend hält Papa das Händchen von Ella, denn sie kann schließlich auf gar keinen Fall einschlafen, wenn sie nicht an Fingern kneten kann.
Ella knetet, Papa fallen die Augen zu.

Papa öffnet die Augen. Ella knetet. Durchaus mit zunehmenden Interesse am Finger und schon deutlich wacher als ein paar Minuten zuvor.

Irgendwann wird es Papa zu bunt. Er sagt "Gute Nacht, Ella", sieht, wie sich Ellas entspanntes Finger-Knet-Gesicht in eine angstverzerrte Fratze verwandelt und geht.

Ella brüllt.
Eine Minute.
Verschluckt sich.
Simulierter Tod.
Eltern am Bett.
Ella lebt.

So geht es nicht. Andere Taktik.
Finger ins Bett halten.
Ella kneten lassen.
Aushalten.
10 Minuten.
Säugling scheint zu schlafen.
Augen waren vor 120 Sekunden das letzte mal für einen Spalt geöffnet.
Atmung regelmäßig.

Chance zur Flucht.

Was nun passiert, ist leider wahr:
Ella wird beim kleinsten Geräusch wach, weil sie schließlich genau weiß, dass das neben ihr knieende Elternteil durchaus Lust hat, Ella zu verlassen, wenn diese eingeschlafen ist.
Daher werden von unserer Seite peinlich genaue Vorüberlegungen getätigt.
1) Die Hose, die m
an gerade anhat, darf nicht zum Knistern neigen.
2) Die Hände, die sich nach der Knetung innerhalb des Gitterbettes befinden, müssen so herausgezogen werden, dass sie keine Holzberührung haben.
3) Man darf auf keinen Fall Schuhe anhaben. Socken und nackte Fußsohlen sind bei geschickter Körperbeherrschung fast lautlos.
4) Sich erheben geht auf gar keinen Fall. Ella bemerkt die Veränderung des Lichtes auf ihren geschlossenen Augenlidern.

So verlässt man barfuß und ohne Knitterhose im Watschelgang Ellas Bett, nachdem man die Hände an allen Holzstäben vorbei manövriert hat. Dabei hat man den Blick immer auf Ella und speziell ihre Augen gerichtet, von denen man hofft, sie mögen sich nicht öffnen und die Flucht bemerken.

Wenn alles optimal läuft, ist man innerhalb einer halben Minute aus dem Zimmer gewatschelt.

Ella ist dann aber spätestens um 23.00 wieder wach und fordert den Umzug ins Elternbett. Trotzdem finden wir, dass sich der Aufwand lohnt.

Der Blog erscheint schon am heutigen Freitag, weil Ellas Paten in Thüringen heiraten. Ella ist also mal wieder on the road.

Sonntag, Mai 20, 2007

Durstig und hungrig, einem Seehund nicht unähnlich

Wenn neben den üblichen Frühstücksutensilien ein Überaschungsei und ein Weißbier morgens auf dem Tisch stehen und einen Meter dahinter keck ein Säugling grinst, dann ist Himmelfahrtstag, der seit Ella nicht mehr Herrentag, sondern Vatertag heißt.

Ellas Mama sagte übrigens erst nach dem Leeren des Bierglases durch den Vater, dass das Bier durchaus mehr so als Spaß zu verstehen war und keineswegs getrunken werden musste. Beschwippst über weibliche Logik sinnierend marschierte der Vater dann mit seiner Familie an der Elbe entlang.

Doch auch Ella hatte in den letzten Tagen so ihre Trink-Erlebnisse. Schon im letzten Eintrag wurde es angekündigt. Hier wird jemand abgestillt. Und dieser Jemand wundert sich schon hier und da über das fiese Fernbleiben der Brust.
Die Portionen, die wir Ella zur Zeit in den gierigen Mund rammen, werden ohnehin täglich größer. Waren es vorige Woche noch 3 Löffel Breipulver mit einer dreiviertel Banane, so sind es jetzt nicht mal mehr 4 Löffel, sondern 5 und das mit einer ganzen Banane. Nachdem wir das alles in Ellas kleinem Körper versenkt haben, passiert meistens folgendes: Das Baby guckt hungrig.

In dieser Phase ein übel riechendes Getränk namens "Folgemilch" einzuführen, ist kühn. Dennoch: Wird Ella nachts wach, mixen wir ihr schnell mal eben die Folgemilch und warten, bis unsere kleine Genießerin das Fläschchen leer getrunken hat.
Da zu später Stunde ja auch gerne mal ein bisschen am Fläschchen genuckelt wird, kann das auch mal dauern. Von 2.00 - 2.30 Uhr schlürfte Ella gestern ihre Folgemilch in einem Tempo, das man sonst von ganz gemütlichen Abenden in Cocktail-Bars kennt.

Zwei Tage zuvor lief es noch ungünstiger: Ella brüllte das Fläschchen so lange an, bis Papa mit seiner tobenden Brut noch einmal zur Beruhigung um den Block marschierte.

Die ganz flüssigen Sachen, wie zum Beispiel Wassser, waren ja noch nie Ellas Ding. Ähnlich der Mama ist das reine Trinken für unser Kind eine Tortur. Doch heute, um 18.00 war damit Schluss. Nach zehneinhalb Monaten auf dieser Welt reichte es Ella. Sie hatte endgültig Durst und soff eine Wochenration Wasser nahezu auf ex aus.

Sonst ist aus einer schönen Ferienwoche, die mit Besuch aus Berlin endete, folgendes zu berichten:
Ella befindet sich auf dem Entwicklungsstand eines Seelöwen. Kennzeichen eins: Sie ist verrückt nach Bällen. Kennzeichen zwei: Sie klatscht, wenn alle sich freuen und lacht dazu - Kennzeichen drei - wie ein Seelöwe. So kratzend halt.

Dann sitzt ein knarzender und klatschender Säugling in seinem Stuhl und freut sich, wenn ihm jemand einen Ball zuwirft.

Montag, Mai 14, 2007

Schlichtender Finger, krummer Rücken

Ella hat Glück: Würde dieser Blog-Eintrag aus der Mitte der vergangenen Woche stammen - sagen wir vom Mittwoch - man hätte vielleicht die abgrundtiefe Liebe vermisst, mit der hier immer von der kleinen Möhre berichtet wird.

"Was ließ die liebevolle Berichterstattung wanken", fragt da jemand. Die Antwort ist denkbar schlicht. Ella war gallig und zwar sehr.

Die Fachliteratur nennt dies wohl "fremdeln". Entfernte sich Mama um mehr als einen Meter von der Tochter, so brach für diese eine Welt zusammen. Panik breitete sich in Ellas Gesicht aus, Tränen flossen und ein konstantes Schreien wehte durch die Wohnung in Altona.

Niemandes Anwesenheit außer der der Mama wurde akzeptiert. Auch Papa war Hassobjekt, weil er nicht Mama war. Und so kam Papa von der Schule, freute sich auf sein Kind und wurde von selbigem angeschrieen. Streitschlichtend war dann allerdings Papas Finger.

Wenn es abends ins Bettchen geht, muss Ella immer an Händen oder Fingern kneten. Hält sie keine Hand in ihrer Hand, schläft sie nicht ein. Papa hält daher abends immer seine Hand in Ellas Bett. Diese knetet mindestens fünf, gerne aber auch mal 20 Minuten an Hand und Zeigefinger, während Papa krumm über dem Bett gebeugt darüber nachdenkt, seinen Finger einfach amputieren zu lassen und Ella ins Bett zu werfen.

Das dreitägige Fremdeln endete am Donnerstag. Zank und Zorn erwartend sah Papa am Donnerstagnachmittag plötzlich ein ausgeglichenes und freundliches Mädchen im Flur sitzen - beide Backen voll mit guter Laune. Es war tatsächlich Ella.

So ging es nach Berlin. Ella durfte mit Oma durch die pulsierende Bahnhofstraße gondeln (was beide sehr genossen und vor lauter Familienglück nichts vom Platzregen mitbekamen), während Ellas Eltern endlich mal wieder zu zweit in der Kneipe Fußball gucken und anschließend über die Ergebnisse jammern konnten.

Ganz brav, aber völlig übermüdet, beobachtete Ella dann das seltsame Koch- und Fressspektakel, das fünf Erwachsene (darunter ihre Eltern) alljährlich zum Song-Contest veranstalten. In Wahrheit war dies ja der eigentliche Grund des Berlin-Trips. Man wollte sich zum Sieg kochen und die Veranstaltung 2008 nach Altona holen. Aber nein: Papas Schweinebraten und Mamas Sangria wurden vom weißrussischen Hühnerspieß geschlagen, sodass es im nächsten Jahr heißt: Fressfest in Neukölln.
Ella darf dann wieder mit der Oma durch den Berliner Regen latschen...

Seit der Sangria steht übrigens fest: Ella wird abgestillt. Morgen wird Folgemilch gekauft.

Sonntag, Mai 13, 2007

Blog erst am Montag aktuell

Ella ist momentan in Berlin. Erst morgen wird sie an der Alster zurück erwartet. Hier im Osten reichen die technischen Bedingungen leider nicht aus, um vernünftig von Ellas Hauptstadtabenteuern zu berichten.

Morgen abend gibt es den Blog in gewohnter Manier und mit tollen Bildchen. Bis dahin: Viel Spaß beim Sonntags-Krimi...

Sonntag, Mai 06, 2007

Später Frieden mit Möbelstücken

Einem Squash-Ball gleich flogen fiese Erkältungsviren durch die Wohnung der Kleinfamilie und machten bald hier bald dort Halt. So hatten Ella, ihre Mama und ihr Papa immer abwechselnd mit Halsschmerzen, Husten und Rotz zu kämpfen. Für die nächste Woche wird dagegen allgemeine Gesundheit erwartet.

Im Prinzip hatte Ella aber dennoch eine ganz schöne Woche. Sie ist zum ersten Mal Schiff gefahren und fand das spritzende Wasser interessant, sie wurde durch den Botanischen Garten getragen, sie war auf dem Spielplatz, sie durfte viel laufen und war sogar im Biergarten, wo sie Bekanntschaft mit Mamas Laugenbrezel machte, diese dann gleich an sich riss und verspeiste.

Und dennoch regierte das Nörgeln und Jammern in den letzten Tagen. Höhepunkt war wohl der Freitag. Da wagten Mama und Papa es, Ella ihren neuen Schrank aufzubauen.
Nun muss man dabei folgendes wissen: Ella hasst wie jedes Baby Veränderungen und Ella ist aufgrund zweier Umzüge im Februar traumatisiert. Sieht Ella jemanden an Möbelstücken herumschrauben, flippt sie aus.

Und so geschah es auch beim Schrankaufbau. "Aufbauzeit: 30 Minuten (2 Personen)" verkündete die Anleitung von Ellas Schrank. Richtig hätte es aber heißen müssen "Aufbauzeit 5 Stunden (3 Personen, davon ein schreiender Säugling)". Die wütende Möhre wurde sachte durch die Wohnung getragen, während die verbleibenen zwei Hände die Einzelteile des Schrankes in eine sinnvolle Verbindung zu bringen versuchten.

Irgendwann stand das Möbelstück. Ella blinzelte misstrauisch, wurde auf das Objekt des Zorns einfach draufgesetzt (Schocktherapie) und machte einige Stunden später erst ihren Frieden mit Kira, dem Schrank.

Die letzten Bilder des heutigen Eintrages zeigen Ellas Besuch in der Strandbar. Hier aß sie viel Sand und wurde von den herumstreunenden St.Paulianern häufig beglückwünscht, da sie sich mit ihrem Schnuller als VfElla outete. Vor den glasigen Augen des Papas zermalmte dieser VfL zuvor den in St .Pauli nicht geschätzten HSV, was für viel Frohsinn auf dem Kiez sorgte.

Ellas beherzter Griff an die Flasche verspricht: Hier ist bald jemand abgestillt. Hier will jemand das Leben volle Pulle genießen.