Montag, Mai 14, 2007

Schlichtender Finger, krummer Rücken

Ella hat Glück: Würde dieser Blog-Eintrag aus der Mitte der vergangenen Woche stammen - sagen wir vom Mittwoch - man hätte vielleicht die abgrundtiefe Liebe vermisst, mit der hier immer von der kleinen Möhre berichtet wird.

"Was ließ die liebevolle Berichterstattung wanken", fragt da jemand. Die Antwort ist denkbar schlicht. Ella war gallig und zwar sehr.

Die Fachliteratur nennt dies wohl "fremdeln". Entfernte sich Mama um mehr als einen Meter von der Tochter, so brach für diese eine Welt zusammen. Panik breitete sich in Ellas Gesicht aus, Tränen flossen und ein konstantes Schreien wehte durch die Wohnung in Altona.

Niemandes Anwesenheit außer der der Mama wurde akzeptiert. Auch Papa war Hassobjekt, weil er nicht Mama war. Und so kam Papa von der Schule, freute sich auf sein Kind und wurde von selbigem angeschrieen. Streitschlichtend war dann allerdings Papas Finger.

Wenn es abends ins Bettchen geht, muss Ella immer an Händen oder Fingern kneten. Hält sie keine Hand in ihrer Hand, schläft sie nicht ein. Papa hält daher abends immer seine Hand in Ellas Bett. Diese knetet mindestens fünf, gerne aber auch mal 20 Minuten an Hand und Zeigefinger, während Papa krumm über dem Bett gebeugt darüber nachdenkt, seinen Finger einfach amputieren zu lassen und Ella ins Bett zu werfen.

Das dreitägige Fremdeln endete am Donnerstag. Zank und Zorn erwartend sah Papa am Donnerstagnachmittag plötzlich ein ausgeglichenes und freundliches Mädchen im Flur sitzen - beide Backen voll mit guter Laune. Es war tatsächlich Ella.

So ging es nach Berlin. Ella durfte mit Oma durch die pulsierende Bahnhofstraße gondeln (was beide sehr genossen und vor lauter Familienglück nichts vom Platzregen mitbekamen), während Ellas Eltern endlich mal wieder zu zweit in der Kneipe Fußball gucken und anschließend über die Ergebnisse jammern konnten.

Ganz brav, aber völlig übermüdet, beobachtete Ella dann das seltsame Koch- und Fressspektakel, das fünf Erwachsene (darunter ihre Eltern) alljährlich zum Song-Contest veranstalten. In Wahrheit war dies ja der eigentliche Grund des Berlin-Trips. Man wollte sich zum Sieg kochen und die Veranstaltung 2008 nach Altona holen. Aber nein: Papas Schweinebraten und Mamas Sangria wurden vom weißrussischen Hühnerspieß geschlagen, sodass es im nächsten Jahr heißt: Fressfest in Neukölln.
Ella darf dann wieder mit der Oma durch den Berliner Regen latschen...

Seit der Sangria steht übrigens fest: Ella wird abgestillt. Morgen wird Folgemilch gekauft.

1 Comments:

At Mai 17, 2007 10:32 PM, Anonymous Anonym said...

Uiuiui, also hatte das übliche von-Ella-angebrüllt-werden diesmal eine Vorgeschichte. Dann hab ich ja nicht mehr ganz so ein schlechtes Gewissen.
Ich frag mich ja schon, was ich immer falsch mache, daß Ella, kaum daß sie meine Anwesenheit realisiert, ihre Laune ein paar dutzend Grad kälter schraubt. :~|


@Mama: Das mit dem abstillen finde ich eine ganz tolle Idee! Mach das und berichte bitte ausführlich davon. Ich hoffe doch stark, daß bis August die Sache erledigt ist und Ella zur Feier des Tages statt der Brust vielleicht eine eingelegte Pflaume zum zutzeln gereicht bekommt :-)

 

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