Sonntag, November 16, 2008

Urlaub von dir

Am Freitag kam alles zusammen:
Neben der allwöchentlichen Freitagslaune, die Ella von ihren Eltern geerbt hat (Schon lange vor Ella war freitags immer Zwist-Tag) kam nun auch noch Hektik dazu.

Oma und Opa aus Berlin standen in der Tür. Ein Koffer deutete an: Dieser Besuch wird ein wenig länger in Altona bleiben. Doch was ist das? Ein zweiter Koffer? Richtig. Während Oma und Opa auspackten, packte Mama ein.

Ella wurde erläutert, welch fantastisches Wochenende auf sie wartet: Oma und Opa kommen. Mama und Papa gehen. Toll Ella, was?

So sah das gereizte Kind ihre vier Verwandten hektisch durch die Wohnung rennen und hatte so gar keinen Gefallen an der Situation.
"So ist sie häufig, vor allem freitags", sprach der Vater zur Oma und deutete auf das am Boden liegende Kleinkind, welches gerade das Laminat anbrüllte.

Die hilflosen Rufe "Ella auch mitkommen" verhallten, es half nichts. Mama und Papa verließen die Wohnung und wenn Ella es richtig verstanden hatte, so sollten sie erst am Sonntag wiederkommen.

Die vom schlechten Gewissen gepeitschten Eltern riefen während ihres Wochenendaufenthaltes in der "grauen Stadt am Meer" (Husum, ehrlich) immer wieder in der "schönsten Stadt der Welt" (Hamburg, selbstherrlich und verlogen) an und ließen sich berichten, wie Oma, Opa und Ella denn so zurecht kämen.

Recht bald, hieß es, habe die Möhre sich beruhigt und mit der Situation angefreundet. Ella half ihren Großeltern, indem sie ihnen beispielsweise erklärte, wo es zum Müll geht, und setzte jede noch so krude Idee in die Tat um, wie es Kindern in Elternhand nicht möglich ist.

So spazierte Ella mit Fahrradhelm zum Spielplatz, weil... ja weil... weil sie das so für richtig hielt. Und was Ella richtig findet, findet Oma auch richtig. Passt schon, Ella. Setz dir den Fahrradhelm auf.

Ella überstand dank Helm den höllisch gefährlichen Spielplatzbesuch denn auch ohne Kopfverletzungen und genoss weiterhin ihr Spezial-Wochenende.

Was es heißt, seine Freizeit mit der äußerst empathischen Möhre zu verbringen, konnte Ellas Oma dann am Sonntag so in Ansätzen nachempfinden, als sie Ella eine Brezel kaufte.
Ella wollte selber bezahlen und wühlte in Omas Portemonnaie. Münzen fielen zu Boden. Oma fing an zu schwitzen, die Transaktion konnte dennoch beendet werden.
Ella stand nun vorm Bäcker, eine Brezel speisend. Oma sammelte Münzen auf, wobei ihr aufgrund unvorteilhafter Handbewegungen weitere Münzen aus dem Portemonnaie kullerten.
Und jetzt die Pointe: Als Ella dieses Schauspiel sah - zur Erinnerung: sie war die Wurzel des Übels - da lachte sie, deutete brezelkauend auf ihre Oma und sprach: "Ha ha ha. Oma fällt alles runter."

Währenddessen preschte ein Zug mit Ellas Eltern drin gen Hamburg. Man genoss das kinderlose Wochenende. Man schlief aus. Man besuchte das Storm-Haus, man shoppte, man speiste neben einer der schillernsten Figuren der deutschen Künstler-Szene und kaufte der Möhre zwei literarische Meisterwerke, welche vom Monbär erzählen und welche das inzwischen gealterte Kind (so empfanden es Mama und Papa bei der Umarmung in Altona) recht freudig in Empfang nahm.

Es folgte der Abschied von Oma und Opa und ein langer Mittagsschlaf. Geweckt wurde ein stilles, blasses Kind, das auf die Frage, ob es gesund oder krank sei mit "krank" antwortet, was Mama und Papa der kleinen Möhre glauben und weshalb ihr heute Abend noch einige Extra-Kuscheleinheiten bevor stehen.