Sonntag, Oktober 26, 2008

Zwei Erkenntnisse

Rituale bestimmen vor allem die Abendstunden des Kleinkindes Ella. Nach relativ festem Zeitplan erlebt Ella zwischen 19.00 und 19.20 zunächst ein paar Seiten Vorlesens und dann drei Schlaflieder.

Da wir ein demokratischer Haushalt sind, darf Ella vorher aber bestimmen, welches Buch Papa vorlesen muss. Seitdem liest Papa immer "Oh wie schön ist Panama". Immer.

Das Janosch-Werk ist natürlich völlig zurecht eines der Top-Kinderbücher, doch auch das beste Buch nutzt sich nach einer gewissen Zeit ab - anscheinend aber nur für Erwachsene.

So begann Papa in letzter Zeit damit, die Story vom Bären und Tiger wissenschaftlich zu analysieren, um sich die Spannung am Buch zu erhalten.

Erstaunliche Ergebnisse waren die Folge: Die offensichtliche Erkenntnis, dass die beiden Protagonisten wohl homosexuell sind (deutlicher aber im Buch "Post für den Tiger" zu erkennen), ist dabei nur nebensächlich. Interessant ist, dass sich der Bär scheinbar für Gott hält und in diesem Zusammenhang zu Sadismus neigt (auch eher in: "Post für den Tiger") und dass der Tiger seine Ängste auf seine Tiger-Ente projiziert. Zu solchen Einsichten in das Kinderbuch gelangt man natürlich erst nach dem etwa eintausendsten Lesen. Man muss auf die Feinheiten achten...
Wenn es bislang noch keine Werkanalyse der Janoch-Bücher in diese Richtung gegeben haben sollte, dürfen unsere Thesen gerne verwendet werden.

Doch wie macht sich die permanente Berieselung durch das Panama-Buch auf Ella bemerkbar?
Nun. Ella kann das Buch auswendig.
Ein knapper Satz, den der geneigte Blog-Leser gerne noch einmal lesen darf: Ella kann das Buch auswendig!

Es ist nämlich vollkommen egal, an welcher Stelle des 46 Seiten Schinkens man mit dem Lesen aufhört und Ella erwartungsfroh anschaut - stets kommt das folgende Wort aus Ellas Mund.
Das hört sich dann zum Beispiel so an:
Papa (lies): "He, kleiner Bär und kleiner Tiger..."
Ella (Lücken füllend): "seht"
Papa: "ihr nicht die..."
Ella: "Faschenpost"

Wir wissen, dass die Kinderwette immer zu den ganz besonders bescheuerten Momenten des ZDF-Flaggschiffs "Wetten, dass ..?" gehört, aber unsere Ella könnte da durchaus mal antreten...

Erkenntnis 1: Ella hört zu oft "Oh, wie schön ist Panama"

Das Wochenende hatte es mal wieder in sich: Ella fuhr mal wieder per ICE nach Berlin, pennte dort zunächst eine Nacht bei Ben und dann eine Nacht bei Oma und Opa, und zwar ohne die Eltern. Ella macht sowas mit links. Sie mag ihre Eltern zwar, aber es ist nicht so, dass es sie stört, wenn Mama und Papa nicht da sind. Da ist sie recht nüchtern, unsere Möhre.

Auf der Rückfahrt, am Bahnhof Südkreuz, spielte Ella sich dann mal so richtig auf. Sie rannte zum gelben Abfahrt-Plakat, strich mit dem Finger langsam über die dort aufgelisteten Züge, murmelte so etwas wie "ICE 8 6 3", blickte dann grübelnd nach oben zu einer imaginären Bahnhofsuhr und log "Noch 6 Minuten!" - Erkenntnis 2: Ella fährt zu häufig Bahn.

Der letzte Höhepunkt des Wochenendes waren ein tolles Bad mit Spezial-Action in Form von Seifenblasen und die Tatsache, dass Mama und Papa aus einem Gitterbett für kleine Kinder ein gitterfreies Bett für große Kinder gebaut haben. "Tschüss Stangen", winkte Ella dem Gitter hinterher, als Papa es auf den Dachboden trug.
Und nun sind wir mal gespannt, wie häufig Ella demnächst aus dem Bett fallen wird. Ihre Freundin Flora in Berlin soll da ja auf recht beachtliche Werte kommen.