Sonntag, August 03, 2008

Fünf Minuten mit dem Bräutigam

Ella besitzt seit ein paar Wochen eine Gummimatte, in der die 26 Buchstaben des Alphabets eingestanzt sind und mit der man herrlich puzzeln kann. Mama und Papa ergriffen die pädagogische Steilvorlage umgehend und sangen Ella immer das ABC-Lied vor, während Ella puzzelte. In Münster, wo Mama das ABC beigebracht wurde und Berlin, wo Papa das ABC lernte, existieren zwar feine Unterschiede bezüglich der Melodie (Version Berlin: ... U, V, W - Pause - X - Pause - Y und das Z; Version Münster: ... U, V - Pause - W, X, Y und Z), aber Ella, die dank englischen Kita-Songs auch schon mal auf einen Affen deutet und "Monkey" sagt, kann das wohl trennen im Kopf.

Im Urlaub aber geschah folgendes: Das Z, jenes Final des Alphabets, zerbrach aufgrund recht unwirschen Puzzelns in zwei Teile. Der entsetzten Ella wurde erläutert, dass das Z Aua habe.

Diese infantile Erklärung fliegt Mama und Papa seitdem um die Ohren. Ella singt nämlich das ABC-Lied. Und dezenter Weise umgeht sie die Stelle, an der die Melodien von Mamas ABC-Lied und Papas ABC-Lied auseinander gehen. Ella singt: "A, B, C, Z aua".

Neuerding quasselt Ella nicht nur drauf los, sondern sie stellt auch Fragen. Dabei - das weiß sie - muss die Satzmeldodie in unserem Sprachraum gen Fragezeichen ein wenig nach oben zeigen.
Ella übertreibt dies momentan ein wenig. Sie setzt nämlich schon beim Beginn der Frage recht hoch an und hat dann bei konstant steigender Satzmelodie große Mühe, das letzte Wort überhaupt noch in einer für Menschen hörbaren Frequenz zu formulieren.
Sie kann von Glück reden, dass ihre Fragen bislang noch recht kurz sind, wie zum Beispiel "Kleiner Buggy mitnehmen?".

Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie uns fragt: "Findet ihr es nicht auch erstaunlich, dass das Z meiner Buchstabenplatte in zwei Teile zerborsten ist und es mittlerweile dem N, welches genau betrachtet eine auffallend ähnliche Formung wie das Z aufweist, genauso geht?", muss sie den Anstieg ihrer Satzmelodie bei Fragen jedoch erheblich drosseln, sonst wäre im oben genannten Beispiel schon beim Wort "erstaunlich" nur noch ein Fiepen zu hören und die Fragende spätestens beim Wort "mittlerweile" kollabiert.

Und dann immer wieder Dänemark.
Nur zur Erinnerung: Ella war lediglich für etwa 4 Stunden des Urlaubs in Dänemark - davon hat sie übrigens knapp zwei geschlafen und hatte weitere 80 Minuten äußerst schlechte Laune.
Und dennoch quasselt sie von Dänemark, wo sie kann.
"Tschüss Mama" - "Wo gehst du hin?" - "Danamaak". Täglich hören wir diesen Dialog mehrfach... Man fragt sich: Was, denkt Ella, verbirgt sich hinter Dänemark?

Nachdem Ella nun schon in Weimar auf der kirchlichen Trauung ihrer Paten war und in Berlin auf der Taufe ihres Cousins, betrat sie gestern wieder mal ein Gotteshaus. An der Ostsee heirateten Ellas derzeit beste Freunde: Jan und Kitti.
Voller Eifersucht musste sie miterleben, wie Kitti sich mit anderen Menschen unterhielt und mitunter weit von Ella entfernt saß. "Meine Kitti", schrie Ella dann durch Kirche und Lokal. Und tatsächlich: Der Bräutigam knappste sich fünf Minuten von seiner eigenen Hochzeit für Ella frei und ging mit ihr auf den Spielplatz.

"Jan", sprach Ellas Vater, "Du kannst doch nicht einfach deine eigene Hochzeit verlassen". "Doch", sagte dieser mit Ella gen Rutsche laufend, "da passiert doch sowieso grade nix."

Ella sah das auch so. Und nach dem Schaukeln und dem leckeren Buffet-Essen sah man Ella noch auf der Tanzfläche mit den Armen im Takt schlackern...

Übrigens ist sie nicht wie üblich mit der Bahn angereist, sondern mit dem Car-Sharing-Auto, das Ellas Eltern erstmals ausprobierten. Ella hat es recht voreilig ins Herz geschlossen und zeigte allen Hochzeitsgästen das Gefährt. "Mein Auto ist silber", sprach Ella dann gelehrt, ohne zu ahnen, dass "ihr" Auto bereits am nächsten Tag wieder in andere Händen gegeben wurde.