Ein schöner Arztbesuch? Ella lügt und schüttelt den Kopf.
Bevor Ella mal wieder gen Hauptstadt reiste und dort mit Cousine Lina Roller fuhr, während sie Cousin Tim als absoluten Konkurrenten um die Gunst Omas und Opas empfand und die vorsichtigen Annäherungsversuche des Clan-Jüngsten konsequent abblitzen ließ, musste Ella hier in Hamburg zum Arzt.
Nichtsahnend ließ sich die Möhre daher am Donnerstagmorgen durch Altona schieben. Den Satz "Ella, wir fahren zur Kita, aber vorher noch woanders hin" nahm sie zwar skeptisch zur Kenntnis, ohne sich jedoch weiter danach zu erkundigen, ob es sich bei diesem "Woanders" um etwas Angenehmes oder etwas Unangenehmes handeln sollte.
Der mit unserer Möhre gefüllte Buggy bog dann in die Straße des Kinderarztes ein. Ellas Zeigefinger hob sich und zeigte streng auf die Praxis. "Scheiße, meine U7", dachte das Kind dabei und guckte unglücklich.
Die U7 allerdings ist eine absolute Party-Untersuchung.
Um dies herauszufinden, musste Ella aber erstmal ein bisschen auftauen, denn im festen Glauben daran, gleich von Spritzen und kalten Instrumenten gepeinigt zu werden, war mit Ella erstmal nicht gut Kirschen essen, als der Arzt mit seinem U7-Spaßbeutel das Zimmer betrat.
Statt einer Spritze holte der Arzt aber ein Buch aus dem Beutel. Dies passte nicht in Ellas Welt, in der Ärzte doof und Bücher toll sind und so starrte sie den Arzt ungläubig an, als dieser dann sogar noch das Buch aufschlug und absolut tolle Bilder darin zeigte.
Ein Löwe war zu sehen, eine Uhr, ein Ball... Alles Dinge, bei denen Ella in helle Aufregung gerät, wenn sie sie in einem Buch erspäht.
Nicht so beim Arzt. Ella traute dem Braten einfach noch nicht und schwieg, als sie gefragt wurde, ob denn irgendwo ein Löwe abgebildet sei.
Gerade als Ellas Eltern schon dachten, die U7 wäre gelaufen und Ella knallhart durchgerasselt, schälte sich Ellas Hand schüchtern gen Löwen. Der Bann war gebrochen, denn in den nächsten 5 Minuten tankte sich Ella durch das Bilderbuch und benannte einfach alles, auch Dinge, von denen wir nicht wussten, dass Ella sie kennt, zum Beispiel Bienen oder Hampelmänner.
Später durfte Ella noch nach Bällen jagen und klettern.
Und so diagnostizierte deer Arzt "Bisschen klein, aber sonst alles toll".
Ella hatte beim Arzt also erstmals Spaß. Zugeben muss man das natürlich noch lange nicht und so sieht man Ellas Miene auf die Frage, ob es beim Arzt toll war, finster werden, während sie den Kopf energisch schüttelt.
Später in Berlin fand sich Ella aber tatsächlich als Made im Speck wieder. Sowohl bei Oma und Opa, die Ella seit kurzem "Omma" und "Oppa" nennt, als auch bei Lina und Tim gab es Spielzeug zuhauf. Ein völlig überdrehtas Kleinkind fuhr im Anschluss zurück nach Hamburg und muss wieder von ganz vorne erzogen werden.
Auf der Rückfahrt befanden sich im Kleinkindabteil der Deutschen Bahn vier Kinder und fünf Erwachsene. Ellas Papa zog die Tageszeitung weit vors Gesicht um allen Mitreisenden zu verdeutlichen "Ich bin raus", bekam aber dennoch mit, dass ein Kind von erstaunlicher Unfreundlichkeit war.
Dieses Kind hieß Wilma und saß die meiste Zeit über auf dem Schoß der Mutter, die vermutlich auch einsah, dass ihr Kind ganz und gar fürchterlich ist. Als Mutter sagte sie dies aber so deutlich nicht, sondern versuchte es mit hilfloser und harmloser Pädagogik: "Wilma, du sollst die anderen Kinder nicht kratzen" und "Wilma, guck. Jetzt weinen die anderen Kinder".
Wilma guckte, fand dies aber nicht schlimm und kratzte und kniff weiter. Wer links und rechts neben Wilma saß, der musste mit Striemen und blauen Flecken rechnen. Nach zwei Attacken mied Ella dann die agressive Mitreisende.
Wilmas Bionade-Mama entschuldigte sich nicht für die Schmerzen, die ihr Kind den anderen zufügte. Nur sehr selbstbewusste Eltern sind in der Lage, zuzugeben, dass das eigene Kind misslungen ist und der Erziehungsstil versagt hat. Die Bionade-Mama sitzt zur Stunde vermutlich vor einer Bionade und sagt "Nicht so doll, Wilma. Das andere Kind blutet doch schon."
Ella dagegen ist toll und schläft sogar auf dem Laminat.
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