Süß schwierig
Eine Woche mit derart vielen Höhepunkten muss man als 90cm großer Mensch erstmal verarbeiten.
Ella hatte ihre Schwierigkeiten und zeigte sich daher vor allem am Montag und Dienstag dieser Woche von ihrer schwierigen Seite:
Ella - aufgepeitscht von vergangenen Bauernhofbesuchen und neuerlichen Hafengeburtagsfesten mit Hubschraubern, Flugzeugen, Heißluftballons und natürlich Schiffen - hatte plötzlich den Standpunkt, alles ganz alleine hinkriegen zu müssen.
Vielleicht lag es auch daran, dass wir zuvor mit Ella besprochen haben, dass sie ja nun kein Baby, sondern ein Kind, ein großes Kind sei. Ellas Schlafanzug mit integriertem Fuß war dabei das Symbol des Babyhaften.
Ella wollte diesen Schlafanzug nicht mehr tragen, wechselte daraufhin auf einen schicken Zweiteiler-Schlafanzug. "Dieser hier ist ja auch für Babys", sprach Mama. Und seitdem hört man folgenden Dialog in unseren Wänden recht häufig:
"Ella, bist du ein Baby?"
"Nee", (zunächst rannte Ella an dieser Stelle immer zum abgelegten Baby-Schlafanzug und schüttelte dort angekommen heftig den Kopf)
"Chkiii", fügt Ella dann hinzu, was soviel heißt wie "Kind".
"Aha", tun Ellas Eltern dann gespannt, "bist du ein kleines oder ein großes Kind?".
"ooooch", sagt Ella dann und hebt ihre Hand auf politisch streitbare Art um zu verdeutlichen, wohin unsere kleine Möhre nach knapp 2 Jahren schon gewachsen ist.
Ach ja, wir wollten ja berichten, dass Ella Anfang der Woche schwierig war. Wie gesagt, man ist ja nun kein Baby mehr und zieht sich daher Socken, Schuhe, die Hose, die Jacke - eigentlich alles - selber an. Will eine elterliche Hand helfen, wird diese mindestens weggeschlagen, eventuell begleitet von einem Wutausbruch, der in Tränen und Krümmungen auf dem Parkett oder Bürgersteig endet.
Diese Phase, in der Ella alles selber machen wollte, aber das meiste eben doch noch nicht konnte, war kein Zuckerschlecken. Komischerweise war Mittwoch auch schon wieder alles nicht mehr so schlimm. Ella lässt sich seitdem wieder helfen. Wahrscheinlich hat sie erkannt, dass Schuhe Anziehen bei Ellas anatomischen und motorischen Voraussetzungen etwa drei oder vier Stunden dauern würde. Und darauf hat Ella nun auch keinen Bock.
Ella - fast das einzige Mädel in einer sonst sehr maskulinen Kitagruppe - hat das Auto endgültig für sich entdeckt. Neben gewöhnlichen Autos sind drei Spezialautos hervorzuheben, die heftige Reaktionen hervorrufen:
1) Bagger oder alles, was an Umfang deutlich über einen Pkw hinausgeht. Findet Ella super. Man staunt und wird still, wenn ein solches Gefährt durch Altona braust.
2) Taxis. Ella entdeckt jedes Taxi. Jedes. Stets rastet sie aus, wenn sie eines erspäht, dann schreit sie erst "Taxci" und dann "Mama", weil Mama vor etwa 14 Tagen mal aus einem Taxi stieg und dabei von ihrer Tochter beobachtet wurde. "Mama fährt Taxi. Und was fährt Papa?" "Bus", antwortet Ella und stellt die unterschiedlichen Lebenstile ihrer Eltern damit unmissverständlich klar.
3) Enten, also der gute alte Citroen 2CV. Ella hat erkannt, dass diese Autos komplett komisch aussehen und steht nun immer vor den drei Enten, die in Altona zu sehen sind, zeigt mit dem Finger auf das Gefährt und lacht sich schlapp. "Enze", sagt Ella, wenn sie wieder genug Luft hat und kichert weiter.
Die zu Beginn der Woche noch so schwierige Möhre wurde zum Ende hin immer lieber. Ellas Eltern glauben manchmal, dass es kein zweites Kind auf dieser von Egoismus geprägten Welt geben kann, das so lieb ist.
Beispiel: Am Samstagabend hat die dynamische Kleinfamilie Besuch von Jan und Kitti. Chips stehen auf dem Tisch. Ella greift danach, wird aber immer von ihren Eltern daran gehindert, Aufkeimender Frust. Irgendwann schafft es Ella aber, an die fettigen Kartoffelplättchen heranzukommen und... sie ihren Eltern zu reichen. Ella will, dass immer alle essen oder trinken. Hat Papa aufgegessen, heißt es "Mehr Papa". Und die Chips wollte sie halt auch gar nicht selber essen. Die wollte sie doch nur Mama und Papa schenken.
Ist sie nicht süß schwierig?
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