Ella auf dem Bauernhof
Monatelang hatte Ella sich mit diversen Bauernhof-Büchern auf ihre große Reise ins Weserbergland vorbereitet.
Zum Schluss war ihr Bauernhofwissen immens. Ella konnte nämlich mit nach oben gezogenen Schultern, leer ausgestreckten Händen und einem Kopfschütteln verdeutlichen, dass mit allem, aber nicht mit einem Bären, auf dem Bauernhof zu rechnen ist.
"Bär, nee" war dementsprechend das Motto, als sich die dynmische Kleinfamilie aufs Land aufmachte, wo mit Ellas Paten in den Mai geschliddert wurde.
Ella brauchte auf Timmermanns Hof eine gewisse Zeit um aufzutauen:
Pferde, in Bilderbüchern immer stark umjubelt, waren größer als vermutet und ließen unsere Tochter erbleichen und zurückweichen. Schweine - so sie das Ferkel-Stadium verlassen haben - sind ebenfalls von unfassbaren Ausmaß und Gestank, sodass das Kleinkind die Stallung nicht so recht betreten wollte.
Glücklicherweise gab es da aber noch die etwas harmlosere Fraktion: Ferkel, Katzen, Hasen und Kaninchen. Und Schafe, so als Übergang von den harmlosen Tierchen zu den reißenden Bestien.
Zunächst einmal war allerdings viel wichtiger, dass sich auf dem Bauernhof mit den Jahren ein ganzer Fuhrpark an Bobby-Cars und anderen fahrbaren Kinderuntersätzen angesammelt hat. Ella wechselte minütlich das Fahrzeug und guckte grimmig, wenn andere Kinder auf den Plastikteilen über den Hof flitzten. "Mein Auto" und "Mein Trecker" waren recht häufig gehörte Vokabeln aus dem Mund unserer Tochter, die das freundschaftliche Teilen noch wird lernen müssen.
Später wurde Ella neben den Fahrzeugen auch den Tieren gegenüber immer mutiger. Der Hase und das Kaninchen wurden gestreichelt - letzteres sogar im Auge, was das Tier erstaunlich gelassen über sich ergehen ließ. Ein Hase und ein paar Schafe wurden von Ella sogar gefüttert.
Hierzu riss das Kind Löwenzahn aus der Wiese und hielt sie den freudig erregten Tieren in den Stall. So viel Mut hatten wir der Möhre bei Weitem nicht zugetraut.
Noch am Tag zuvor wurde nämlich vom Pfeifen-Gen berichtet, das Ella angeblich vom Vater haben soll, das dieser aber nicht "Pfeifen-Gen", sondern "Erstmal abwarten und immer schön vorsichtig sein - Gen" zu nennen pflegt.
Die Pferde zeigten sich übrigens extrem einfallsreich, Ella zu locken.
Enttäuscht, dass Ella sie a) "Pär" nennt und b) zu groß findet, warfen sie über Nacht ein Pony in den Stall.
Unter allgemeinem "Oh wie süß"-Gejohle riskierte auch Ella dann einen längeren Blick und kann die Frage, wer denn auf dem Bauernhof ein Baby bekommen hat, nun wahrheitsgemäß mit "Pär" (Pferd) beantworten.
Zwischenzeitlich wagte sich Ellas erweiterter Familientross ins Gehölz. Ein Wanderweg zum nächsten Lokal wurde vollkommen unterschätzt, sodass der Kinderwagen und Ella zeitweise getragen werden mussten. Um Ella währenddessen den Wald ein wenig schmackhaft zu machen, wurde ihr erklärt, was ein Tannenzapfen ist.
Ella verstand. Und zeigte alle anderen Tannenzapfen des Waldes "Auch" - "Ja, Ella, noch ein Tannenzapfen." - "Auch" - "Stimmt, noch einer" - "Auch" - "Hui, noch ein Tannenzapfen, richtig Ella. "
Das waren die Dialoge, die den Marsch durch Matsch und Wurzelwerk verkürzten.
Mittlerweile ist Ella wieder in Altona und es wird sich bald zeigen, ob sie die Großstadt wieder ins Herz schließen kann, nachdem sie auf dem Bauernhof ihren Garten Eden gefunden hat. Die Kita darf sich jedenfalls auf die tolle Geschichte vom kleinen Pären im Pferdestall und weitere Ausführungen bezüglich artgerechter Schweinehaltung gefasst machen.
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