Intelligentes Nuckeln

Große Diskussion brachen in Ellas Elternhaus über die Intelligenz der Tochter aus. Hat sie davon nun zu viel oder zu wenig?
Folgende Situation war Ursache des Disputs: Ella nuckelt eine bis zwei Sekunden, verliert den Nuckel, weint, bekommt ihn wieder, nuckelt eine bis zwei Sekunden, verliert ihn wieder, weint, bekommt ihn wieder. Dieses Spiel wiederholte sich in den letzten 10 Minuten vielleicht 50 - 70 Mal.
Papas Kommentar: "Es ist nicht sehr intelligent, den Nuckel immer wieder rauszuschmeißen, wenn man eigentlich nuckeln will."
Mamas Kommentar: "Ausgehend davon, dass wir ihr den Nuckel immer wieder geben, ist es sogar sehr intelligent, den Nuckel immer wieder auszuspucken."

Nun - egal, wessen Theorie stichhaltiger ist - wenn Ella nur halb so intelligent wie laut ist, dann sind wir schon zufrieden. Ella schreit jeden Tag lauter - ich möchte fast sagen, sie schreit stündlich lauter. Und nun sind auch Papas Nächte dreigeteilt, denn bei diesem Gekreische könnten auch gestandene Bergarbeiter oder Bahnwärter nicht mehr so einfach schlafen.

Dabei ist es insbesondere in den Abend- und Nachtstunden faszinierend, von dem kleinen hochroten Kopf, den man dann müde in der Hand hält, angeschrieen zu werden.

Außerhalb der Schreiphasen, die vor allem zwischen 17 und 21 Uhr liegen (Ella ist in dieser Zeit IMMER sauer), ist Ella aber eine herzallerliebste Person, die morgens schon zu allem Unfug bereit in Papas Bett liegt und erstmal 'ne Runde zocken will.
Dabei spielt noch immer das gelbe Seidentuch eine zentrale Rolle. Vorhin verschwand Ella unter dem Tuch. Sie zog es sich über den Kopf und verharrte mucksmäuschenstill für einige Minuten in dieser Position.
"So lange sie nicht weint, ist es in Ordnung", sagte Mama. "Würde sie weinen, wüsste man, dass sie noch lebt.", dachte Papa. Deshalb zog er nach fünf Minuten das Tuch weg. Zu Tage trat ein kleines Baby, das sich über das helle Tageslicht wunderte...