Sonntag, Oktober 28, 2007

Gottes Zorn

Als wir in der vergangenen Woche das im Möbelhaus erstandene CD-Regal zusammenmontierten, wurde langsam zur Gewissheit, was Papa schon immer befürchtete: Die Tocotronic-CD ist weg.

Was hat dieses Thema nun mit dem Ella-Blog zu tun? Eventuell dies: Unsere Tochter mag a) CDs und b) den Klapp-Mülleimer in der Küche.
Sie wurde zwar nie dabei beobachtet, beide Leidenschaften miteinander zur Maximierung des Spaßes zu verknüpfen, aber auszuschließen ist es sicher nicht, dass Ella sich im Wohnzimmer die besagte CD aus dem Regal pulte (T wie Tocotronic liegt nämlich in Ellas Griffhöhe), seelenruhig mit dem Silberling zum Mülleimer in die Küche latschte und - flupp - das "überragende Werk" (Amazon) in den Müll schmiss. Vielleicht sehen sich die beiden verschwundenen und beweinten Objekte (die CD und die Fernbedienung) auf irgendeiner Müllhalde Hamburgs gerade und sind zusammen sauer auf Ella.

Ella war shoppen.
Erst gut, dann schlecht gelaunt watschelte sie durch diverse Hamburger Kaufhäuser und durfte sich ein Spielzeug aussuchen. Schnell konfrontierte Papa sie mit einem batteriebetriebenen Blink- und Lärm-Keyboard, von dem allseits bekannt war, dass es ungefähr das Gegenteil dessen ist, was Ellas Mama für ein gutes Spielzeug hält.

Allein das Kind war von dem Gerät nicht mehr zu lösen. Drückte es auf "Frog", so kam ein penetranter Ton aus dem Plastik, der mit viel Fantasie tatsächlich ein Quaken gewesen sein könnte. Drückte das Kind auf "Swing", so wehte ein blecherner Rhythmus durch das Kaufhaus. Und als Ella beschloss, sich komplett auf das Spielzeug draufzustellen, da konnte man etwa 20 Tiergeräusche und acht verschiedene Tanzrhythmen auf einmal hören. Die Mama stellte das Teufelsspielzeug beiseite und murmelte ein paar Flüche. Papa und Ella - insgeheim schon in die Vorstellung verliebt, die Abendstunden künftig mit Frog-, Cow-, und Dog-Geräuschen zu vertonen - waren traurig.

Nach hause marschiert ist Ella allerdings dann doch noch mit was Tollem: Eine Kuh und ein Pferd stehen in einem Zug, von dem sich erst bei genauerem Hinsehen herausstellte, dass es ein Traktor mit Anhänger ist. Unsere Möhre findet das ganz ausgezeichnet und krächzt pferdegleich, wenn sie das Plastik-Ross in den Händen hält.

Vorher bestaunte die dynamische Kleinfamilie ein riesiges Plüsch-Kamel. "Ja, das ist ein Kamel" sprach Papa in der Hoffnung, Ella würde diese neue Vokabel korrekt abspeichern. Als Papa dann ein paar Minuten später zur Kontrolle fragte: "Ella, wo ist das Kamel?", da deutete Ella jedoch zur Bespaßung aller Augenzeugen auf die Mama.

Als diese dann übrigens an der Kassse stand und Papa mit einer Mischung aus Langeweile und knisternder Erotik in einem Buch namens "Kama Sutra" blätterte, riss Ella die Anfangsseite aus einer zum Verkauf ausliegenden Bibel. Papa stopfte Gottes Wort zurück und pfiff unschuldig. Man tröstete ihn später damit, dass ja nun wirklich jeder wisse, was auf der ersten Bibelseite so drauf stehe. Gott mache dies und jenes, und dann werde es Licht und dann fände er das immer alles gut. Ob die Seite nun in der Bibel drin sei oder fehle, sei ja dann wirklich eher egal.

Gottes Zorn traf uns zu Hause dann aber doch noch:
Ella, immer auf ihrem Kinderstuhl balancierend und die stets schimpfenden Eltern provozierend angrinsend, stürzte in die Tiefe. Papa hatte es immer schon kommen sehen und heute abend ist es passiert: Nach hinten über die Stuhl-Lehne glitt der Artist und fiel rund einen Meter hinterkopfüber glücklicherweise in einen Wäschekorb und nicht auf die Fliesen. Der Wäschekorb allerdings war leer und das Geschrei entsprechend groß.

Schnell handelte der Vater und rannte noch in der selben Minute mit dem bösen Kinderstuhl auf den Dachboden. Nie wieder wird seine Tochter in diesem Todesgerät sitzen. Wäre eine Laubsäge zur Hand gewesen, Schlimmeres wäre dem Holzstuhl wiederfahren.

Zuvor war Ella schwimmen und hatte einen wundervollen Tag. Mit Bällen und Rutschen plitschte und platschte man vergnügt durch den Sonntag.