Zwei Notrufe: Ella ließ Beschwerden ausrichten
Es war am Freitag, als Ella verstand:
Plötzlich wurde ihr klar, dass es zwischen dem Gebäude, in der ihre Kita beheimatet ist und dem Alleingelassenwerden einen logischen Zusammenhang gibt.
Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Immer Kita. Immer plötzlich für 30 Minuten ohne Mama. Am Freitag hatte sie dann dank dieser Erkenntnis schlechte Laune, wurde in diesem fragilen Zustand dennoch wieder allein gelassen und ließ nach 25 Minuten ausrichten, dass die Mama bitte schnellen Schrittes zurück eilen möge.
An den Tagen zuvor musste dieser Notruf nicht getätigt werden. Da schlich Mama immer auf Zehenspitzen in die Kita zurück und fand ihr Kind meist auf dem Schoß der Erzieherin wieder. Ella, der es in dieser Zeit keinesfalls schlecht ging, sah ihre Mutter und brüllte ihr ins Gesicht. Hier kann schon jemand ganz deutlich zeigen, was in Ordnung ist und was nicht. Und dass Mama einfach so abhaut, ist nicht in Ordnung. Daher wurde Mama völlig zurecht angeschrieen.
Für die nächste Kita-Woche, die vorletzte der Eingewöhnungszeit, fällt eine Prognose schwer. Warten wir es einfach mal ab.
Ella wurde zum Glück nicht in einen bösen Schurkenstaat hineingeboren, sondern in eine Gegend, in der das Volk sich erhebt, wenn ihm etwas nicht passt, ohne dass das Volk dann ins Gefängnis muss. Diesen glücklichen Umstand machte sich Ella am Donnerstag zunutze und ging auf die Straße! Sie demonstrierte für bessere Arbeitsbedingungen für Papa. Sie war zwar der jüngste von etwa 100 Demonstranten, aber sie machte das schon richtig gut: Als ein Verdi-Typ mit sich überschlagender Stimme und hochrotem Kopf irgendetwas von "Die Arbeitsbedingungen müssen besser werden" ins Mikrofon brüllte, klatschte Ella und hüpfte vor Zustimmung.
Am Wochenende war Ella dann mal wieder der Star des Hauses. Besuch aus dem Ostseebad Grömitz kam und bewunderte das niedliche Kind. Schließlich kam sogar noch Oma Damp aus Westfalen angerauscht und wurde zum Babysitten verdonnert.
Da war doch mal was... Richtig. Das letzte Babysitten ging in die Hose. Die Oma aus Berlin war es, die das ausgehwillige Elternpaar kurz vor dem Theater zurückpfiff.
Dieses Mal lief es besser. Eineinhalb Stunden saßen Mama und Papa in Gesellschaft in einer Caipirinha-Bar Altonas. Zwei Caipis und zwei Gesprächsthemen ("Ist Joggen doof?" und "Welche Größe müssen Königsberger Klopse haben - Golfball oder Tennisball?") konnten abgearbeitet werden, ehe Oma Damp zum Handy griff, Papas Nummer wählte und Ella formulieren ließ, was zu Hause nicht stimmte.
Diese fand deutliche Worte: Blöd war es zu Hause. Man wurde wach und konnte nicht von elterlicher Hand umsorgt werden. Oma Damp glitt die Situation langsam aus den großmütterlichen Händen. Dann kam Papa (der zuvor noch klug argumentierend erläutert hatte, dass Joggen durchaus blöd sei) angejoggt. Ella wurde gerettet, kurz vorm Tod durch Liebesentzug und Einsamkeit.
Alles wurde wieder gut gemacht auf dem größten Kinderfest Hamburgs. Kurz vorm Weltkindertag tummelten sich geschätzte 70.000 Kinder in einer mit Fressbuden, Bühnen, lustigen Zügen und Spielplätzen ausgestatteten Landschaft. Papa fand hier und da ein paar Kinder asozial und verzogen, aber Ella hatte durchaus ihren Spaß.
Für den echten Weltkindertag lockt der hiesige Supermarkt übrigens mit einer tollen Sache: "Die Länge ihres Kindes in Wiener Würstchen" heißt das Motto. Teilnehmen dürfen alle Kinder unter 1,50 Meter. Ella und Wurst. Das ist eine ganz spezielle Geschichte, die dann also in der kommenden Woche um ein weiteres sensationelles Kapitel reicher wird. Bei der dynamischen Kleinfamilie gibt es hernach Wurst.
Eine weitere Sensation können wir berichten. Ella hat es geschafft, von den Butterkeksen (nur echt mit einer bestimmten Zahl Zacken) exakt einen Zacken abzubeißen. Und den nicht etwa an einer Ecke des Kekses, sondern schön aus der Mitte. Dies ist unmöglich, wenn man nicht so lustig im Mund verteilte Einzelzähnchen hat wie unsere Ella.
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