Ein gutes Tröppken
Ähnlich wie die Turmstraße in Berlin ist die Bochumer Straße in Gelsenkirchen nicht unbedingt ein Prachtboulevard, der sich alljährlich mit einem rauschenden Feste feiern muss. Eine weitere Gemeinsamkeit beider Straßen besteht nun aber darin, dass die jeweiligen Bewohner dies ganz anders sehen und durchaus alljährlich zu eben jenem rauschenden Feste laden. Und so fand heute südlich des Gelsenkirchener Hauptbahnhofes ein erbärmliches Beisammensein statt: zwei Buden brutzelten gelogener Weise echte Thüringer, zwei Stände repräsentierten die Spanische Küche völlig unverhältnismäßig stark, ein weiterer Stand verkaufte Holzspielzeug, ein Stand mixte Fruchtsäfte zu Gaumenfreuden namens „Zombiewasser“ und „Mischmasch“, ein WM-erprobter Bierwagen zapfte schon um 12 Uhr mittags ordentlich Pils und dann gab es noch eine Bühne, auf der wesentlich mehr Menschen „YMCA“ sangen als sich sonst irgendwo auf diesem bejammernswerten Straßenfest aufhielten.
Ach ja, und die Bundeswehr reichte Erbsensuppe mit oder ohne Wurst und beklagte auf einer großen Schautafel deutsche Soldatengräber in Osteuropa und feierte auf einem weiteren Plakat „Waffen und Gefährt“ (oder war’s andersrum?)
Dies war jedenfalls kein Ort für eine heute gar nicht dynamische Kleinfamilie.
„Wie, die Kleinfamilie ist nicht mehr dynamisch?“, ruft da ein Leser des Blogs vor dem heimischen PC.
Nein, gar nicht dynamisch: schlappe 66,7% des Haushaltes sind erkrankt, haben Halsweh (Papa) und Schnupfen und Spucken (Ella).
Interessanter Weise blätterte die einzig gesunde Person des Haushaltes heute Morgen für den einen Patienten lange in Büchern, ging zur Apotheke, maß häufig Fieber und machte sich echt Sorgen. Die gleiche scheinbar so sorgsame und umsichtige Person reagierte allerdings beim anderen Patienten erst nach der dritten „Ich bin krank“-Beschwerde überhaupt, und diese Reaktion war zudem an Desinteresse und Gleichgültigkeit kaum zu überbieten.
Anstatt in Eifersüchteleien zu verfallen, möchte ich jedoch schnell das Thema auf den Gang in die Apotheke lenken. Mama kam nämlich zurück mit einem lecker Fläschken. Da das Zeug verdammt gut riecht, mussten wir dreimal im Beipackzettel nachlesen, ob neben trinkfesten Bauarbeitern und Hooligans auch tatsächlich Säuglinge dieses Säftchen einnehmen dürfen.
Sie dürfen. Und so kam Ella, deren Mutter in der noch laufenden Stillzeit alkoholfreien Wein trinkt und auch in der Schwangerschaft lediglich 2 Mon-Cheries (mit beeindruckenden Folgen) aß, zu ihrem ersten Schluck Alkohol.
Ella reagierte auf den Thymian-Schnaps irritiert und versperrte sich, sodass der gute braune Tropfen auf ihren weißen Strampler lief. Kurze Zeit später schien sie sich jedoch über die verpasste Chance ein wenig zu ärgern. Bei der zweiten Verköstigung am Nachmittag nahm sie dann schon ein wenig mehr und wundern würde es mich nicht, wenn die zwei heute Morgen noch so Kranken beim abendlichen Fußballspiel mit roter Rübe und sichtbar angeheitert „La Paloma“ sängen…
1 Comments:
Als kleine Anmerkung am Rande: Dieses Wochenende findet mal wieder das Turmstraßenfest statt. Die Bochumer Str und die Turmstr. sind sich doch ähnlicher als man denkt ;)
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