Sonntag, Juni 24, 2007

Der Leberwurstling

Ein tolles Wort, das sich Ellas Mama ausgedacht hat, heißt "Finger-Garage". Ein seltsames Wort aus der Forschung heißt dagegen "Fläschling".

Das erste Wort bezeichnet im Wesentlichen Löcher. Ella liebt Löcher. Vor allem solche,
die ungefähr so dick sind wie ein Bleistift. Dort passt nämlich Ellas Finger exakt hinein. Am Kinderwagen ist so ein Loch. Ella pult gerne immer mit ihrem Finger in dieser "Garage" herum.

Und was dann letzte Woche passiert ist, war eigentlich absehbar: Ella hat entdeckt, dass sich in ihrem Gesicht ja auch zwei prima Finger-Garagen befinden.
Unabhängig von externen Löchern wie dem im Kinderwagen kann sie nun also jederzeit nach Herzenslsust pulen, die Zurechtweisungen von Mama und Papa einfach überhören: Ella bohrt in der Nase! Herzlichen Glückwunsch, lieber Säugling, zu dieser tollen Entdeckung. Sie wird dir noch so manches Mal an roten Ampeln die Zeit des Wartens versüßen...

Was war am letzten Satz außer der zweifelhaften Aussage falsch?
Richtig: Ella ist kein Säugling mehr, da sie ja nicht mehr gestillt wird. Ella ist zur Zeit, diesen Begriff hat Papa sich auf der Fortbildung zum Thema Abstillen gemerkt, ein Fläschling.

Dieses zu Beginn des heutigen Eintrages als "seltsam" bezeichnete Wort, beschreibt Ella eigentlich ganz gut. Morgens wird geschrieen, Mama macht das Fläschchen, und dann liegt unser Fläschling im Bett und nuckelt an der Folgemilch. Heute morgen hatte Papa übrigens auch Durst. Da brachte Mama dann noch ein großes Fläschchen mit Limo neben dem kleinen Fläschchen mit Folgemilch und betrachtete anschließend ihre saugende Familie.

Doch eigentlich ist Ella kein Fläschling, sondern ein Leberwurstling.

Die Banane wird so langsam aber sicher von der Leberwurst im Ranking der liebsten Speisen als absolute Nummer eins abgelöst. Schon dichten Mama und Papa die Bananen-Kinderlieder in Leberwurst-Kinderlieder um. "Ich ess' so gern, so gern' Leberwurst. Leberwurst. Leberwurst, den ganzen Tag. Von morgens füh bis spät am Abend (Anm. "Abend" wäre eigentlich der Reim auf Banane - was reimt sich auf Leberwurst???), weil ich Leberwurst so gerne mag." Wir müssen noch ein wenig am Rhythmus feilen. Der Song geht noch nicht so recht ins Ohr.

Für den Samstag hatten Ellas Eltern ohne Ellas Wissen zwei Theaterkarten (Open Air) gekauft. Dazu wurden per ICE die Oma und der Mietopa aus Berlin eingefahren. "Babysitten ist nicht schwer", erläuterten wir. "Ella braucht im Zweifel einen Finger zum Kneten, einen Ball zum Treten und ansonsten nur Luft und Liebe. Unser Kind", so Ellas Eltern, "ist da ganz unkompliziert."

Um 19.00 verließen Ellas Eltern die Wohnung. Ella schlief.
Um 19.05 waren Ellas Eltern noch nicht mal am Bahnhof Altona. Ella weinte.

"Kein Problem", dachte sich Ellas Oma. "Lass die mal schön ins Theater gehen. Wir greifen zur Babysitter-Trick-Kiste." Ella knetete Omas Finger und schlief ein...

... und wurde fünf Minuten später wieder wach. Ellas Eltern stiegen gerade in die Bahn.

"Gut", dachte sich Ellas Oma, "treten wir mal gegen diverse Bälle." Ella stapfte mit der Oma durch die Wohnung, interessierte sich aber nicht für Bälle, sondern eher für ihre Eltern, was sie mit "Mamamamamabababababa"-Schreien deutlich machte.

Ella blickte in jedes Zimmer, wurde immer blasser, verfiel in Panik, als auch das letzte Zimmer keine Mama und keinen Papa enthielt und erbrach spontan auf den Teppich ein wenig Leberwurst.

Das Handy klingelte kurz vorm Theater. Ellas Eltern kehrten um. Ella freute sich, dass sie enteggen ihrer Einschätzung doch noch nicht Vollwaise ist und genoss mit Eltern und Oma und Mietopa "Wetten, dass...".

Später gewitterte es. "Danke, Ella, dass wir jetzt nicht im Open-Air-Theater sitzen müsssen", sprachen die Eltern und gaben der verwirrten Möhre einen dicken Kuss.

Völlig zu kurz ist in diesem Blog gekommen, dass Ella jetzt schon richtig groß ist.
Sie kann toll "Mama" und "Papa" brabbeln, läuft schon total gut und spielt schon jetzt besser Fußball als Oma, die heute mehrfach ausgedribbelt wurde.

Und süßer ist Ella irgendwie auch geworden... Oder liegt's daran, dass bald Ferien sind?